#Kopfkirmes

– Das Leben mit der Kopfkirmes –

Wer wir sind & wer wir werden…

Ich frage mich nicht zum ersten Mal, wer ich eigentlich bin, wer ich sein möchte und wie ich so geworden bin, wie ich aktuell bin. Allerdings bemerke ich das erste Mal seit (sehr?!) langem, wie ich mich verändere, was diese Veränderungen auslöst und in welche Richtung es (ungefähr) geht…

Das ist neu für mich! Das ich ungewohnt für mich…

Aber von Beginn an: Die letzten beiden Jahre waren für mich persönlich ziemlich anstrengend. Nachdem im Sommer 2021 der erste große „Schreck“ wegen Corona „durch“ war, dachte ich zuerst, es würde mal etwas ruhiger werden bzw. ich würde mal Zeit finden um mich mit meiner bis dato sehr frischen AD(H)S Diagnose auseinander zu setzen. Leider kam der (für mich) plötzliche Tod meines Vaters (dazwischen). Gemeinsam mit meinem Bruder wurde die Wohnung ausgeräumt, es kamen einige Erinnerungen hoch, man setzte sich mit sich selbst & dem Vater auseinander und schließlich war auch noch die Beisetzung.

Da war nur wenig Platz, um sich – „vernünftig“ – in das ganze Thema „adultes AD(H)S“ einzulesen, geschweige denn sich wirklich professionelle Hilfe zu suchen. Ich wurde zwar medikamentös eingestellt, aber auch das ging in dem ganzen Chaos irgendwie unter, so dass ich erst jetzt – Mitte 2023 – wohl eine recht vernünftige Einstellung der Medis habe.

Und dann ging es kurz nach der Beisetzung auch schon hier im Haus (Ich habe es schon mal erwähnt?!) Ich lebte bis vor Kurzem gemeinsam mit meiner Mutter in meinem Elternhaus, ein schnuckeliges Zweifamilienhaus mit (m)einer Dachgeschosswohnung mit Blick auf den tollen Garten) los, da der Vater nicht mehr lebte, konnte die Mutter dann auch (endlich?!) den Verkauf des Hauses angehen. Somit war mir eigentlich schon seit Ende 2021 klar, dass ich früher oder später aus meiner Wohnung raus muss.

Das hat mich dann eigentlich das gesamte Jahr 2022 „beschäftigt“, teilweise mit einigen „unschönen“ Ausreißern meinerseits (durch die ich allerdings zumindest im Nachgang einiges über mich selbst gelernt habe), viel mit sehr gedrückter Stimmung & nicht nur einer depressiven Episode, bis hin zu einem großen Streit innerhalb der Familie. Das ganze hat eigentlich tatsächlich bis vor Kurzem angehalten, ich hatte erst vor wenigen Wochen ein klärendes Gespräch mit meinem Bruder, die Mutter ist vor einer Woche ausgezogen, seit dem ist es auch mit ihr wieder etwas entspannter…

Das dann auch noch meine geliebte Katzenoma seit Ende des Jahres „kränkelt“, blind geworden ist und Ende April einen heftigen gesundheitlichen Einbruch hatte (den ich beim Tierarzt auch nur Dank ganz lieben Menschen & deren Unterstützung hinbekommen habe), hat mir dann irgendwie „den Rest“ gegeben. Noch Anfang des Monats habe nur wenig Licht am Ende des berühmten Tunnels gesehen.

Die letzten drei/vier Tage habe ich mich aber (mal wieder) ein bisschen – in mich selbst – zurückgezogen, habe viele meiner Gedanken sortiert, eine Menge über die letzten Wochen/Monate/Jahre reflektiert und dabei bemerkt, wie „unbemerkt“ oder „beiläufig“ ich doch in den letzten zwei Jahren (und auch schon davor) an mir gearbeitet habe. Ob gewollt oder ungewollt, da bin ich mir noch nicht so sicher… Auf jeden Fall habe ich mir seit meiner AD(H)S Diagnose wohl tatsächlich mindestens ausreichend viel „autodidaktisch“ angelesen/angelernt, dass ich zumindest im Nachgang von den ganzen „Katastrophen“ damit „umgehen“ und sie reflektieren bzw. (hoffentlich) beim nächsten Mal anders angehen/bewältigen kann. Vieles steht noch in Anführungsstrichen, ganz einfach deswegen, weil ich eben noch nicht zu 100% davon überzeugt bin bzw. mich selbst natürlich gut genug kenne. Ich weiß ganz genau, dass es auch wieder Phasen geben wird, in denen mein Kopf bzw. meine #Kopfkirmes mir da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen werden. Aber auch damit kann ich inzwischen deutlich besser als noch vor einigen Jahren umgehen.

Ich weiß, dass man zum Teil zehn Schritte nach vorn geht, aber in den ganz schlimmen Phasen, durchaus auch wieder drei oder vier Schritte zurückfällt. Gehört wohl (leider) zu dem „Game“ mit den immer wiederkehrenden Episoden dazu…

Aber zurück zu den eigentlich Veränderungen an/in mir…

Noch fällt es mir schwer, konkret zu benennen, was sich in meiner „Persönlichkeit“ geändert hat. Ich habe in den letzten Tagen durchaus erfasst, dass ich wesentlich „ruhiger“ geworden bin, solche „Ausbrüche“ aus dem Affekt sind seit 2021 deutlich weniger geworden, zuletzt bin ich im letzten Herbst mal wirklich „explodiert“. Aber wie bereits geschrieben, auch wenn das in dem Moment vor allem für alle anderen nicht schön war, so habe ich mir die Situation mal genauer angeschaut & bin . denke ich – dahinter gekommen, was diesen „Ausbruch§ ausgelöst hat. Nicht kommunizierte „Angst“ bei mir, die ich dann – wie ich das in den Jahrzehnten zuvor fast perfekt erlernt habe – in einer emotionalen Überreaktion rausgelassen habe. Insgesamt habe ich in den letzten zwei Jahren deutlich bewusster & viel, viel häufiger ganz klar meine – positiven wie auch negativen – Emotionen wahrgenommen. Oder besser: Ich wollte sich komplett wahrnehmen. Denn auch das habe ich sehr viele Jahre selbst unterdrückt… Den Emotionen (und Gedanken dabei) Platz zu geben, sie bewusst wahrzunehmen und somit im Endeffekt für eine deutlich „schnellere“ & „angenehmere“ Entlastung tu sorgen, als wenn ich diese Emotionen über einen sehr langen Zeitraum anstaue und dann eben mit einem so großen & meist sehr lauten/unangenehmen „Ausbruch“ raus lasse. Eigentlich etwas ganz einfaches… Ich hab dafür über 40 Jahre gebraucht, um das zu begreifen…

Was ich auch – zum Teil „schmerzlich“ – gelernt habe, ist auf meine ganz eigenen Grenzen zu achten und zu diesen auch ganz offen zu stehen. Sei es jetzt bei körperlichen Tätigkeiten, in Gesprächen oder aber auch im Umgang mit anderen Menschen. Ich habe vielen Bereichen eben einfach nicht so einen „vollen Akku“ wie andere Menschen, manchmal reicht es, wenn ich mich mal für 5 Minuten ausruhe, manchmal muss ich einfach nur meine Kopfhörer aufsetzen und ein anderes Mal wiederum, muss ich mich auch mal für eine Stunde oder länger der – für mich – belastende Situation völlig entziehen.

Des weiteren habe ich tatsächlich auch (mal wieder) angefangen „kleine“ Dinge zu genieße, zu schätzen und so anzunehmen wie sie sind. Ob das jetzt das schöne Frühlingswiese ist, ein Eichhörnchen was lustig im Baum rumhüpft oder ein liebgemeintes Wort/eine liebgemeinte Geste ist. Ich muss nicht alles „hinterfragen“ oder glauben, dass ich selbst diese vermeidliche Kleinigkeit nicht verdient habe. Doch, habe ich… Vielleicht klingt das jetzt etwas „egoistisch“, aber wer, wenn nicht ich, darf sich zwischen dem ganzen „Mist“ nicht auch mal wenigstens einen Moment über etwas freuen?!

Und das war wohl noch lange nicht alles. Vieles sind auch eher „Kleinigkeiten“ und/oder „Alltägliches“ was ich aber eben inzwischen auch anders angehe bzw. damit umgehe. Was ich wegen der Katzenoma telefoniert, organsiert und gemacht habe… das hätte ich vor zwei/drei Jahren wohl nicht so „souverän“ hinbekommen. Wohl auch, weil mir inzwischen schon vorher klar ist, wie sehr mich auch solche „Alltäglichkeiten“ anstrengen und das ich danach eben auch erst einmal den „Akku“ wieder aufladen muss. Ich mache wohl inzwischen viele im Alltag „anders“, aber eben dafür wesentlich „besser“ auf mich ganz persönlich „abgestimmt“ und mit den nötigen Pausen dazwischen. To-Do Listen sei Dank…

Dabei geholfen hat mir natürlich auch die Medikation sehr.

Inzwischen habe ich wieder ein „Level“ erreicht, in dem ich fast jeden Morgen die „Ruhe“ im Kopf wieder genießen kann und dementsprechend wesentlich „organisierter“ in den Tag starte/den Tag bewältigen kann. Wenn ich jetzt noch die gelegentlichen „depressiven Einbrüche“ dabei in den Griff bekomme, bin ich sehr zufrieden mit dieser „Krücke“, die aber eben ein essentieller Teil ist.

Am meisten „erstaunt“ mich aber tatsächlich das Ding mit den Emotionen. Da bin ich zwar definitiv noch lange nicht „am Ziel“, aber allein „endlich“ mal alles zulassen zu können, ist einfach nur… Wow.

Nicht, dass ich die letzten Jahre völlig „Emotionslos“ war, ich bemerke allerdings, wie sehr ich mir doch ganz eigene und zum Teil völlig falsche Strategien zurechtgelegt/erlernt habe, um mich nicht wirklich mit meinen Emotionen auseinandersetzen zu müssen. Eigentlich schade, habe ich doch in den letzten Monaten festgestellt, dass anderen Menschen – sofern es die „richtigen“ sind – einen selbst auch viel eher „akzeptieren“ wenn man selbst „echt“ ist und eben all das „zeigt“ was einen so ausmacht. Das war wohl eine der schönsten Erfahrungen der letzten Monate/Wochen.

Das klappt zwar leider nicht bei allen Menschen/in allen „Lebenslage“, doch auch damit kann ich inzwischen deutlich besser umgehen. Es gibt wohl einfach Menschen, an denen man vorbei geht und dann auch wieder recht schnell „vergisst“. Auf der anderen Seite gibt es eben auch Menschen, die sehen & mögen was einen selbst ausmacht. Und dementsprechend dann auch für mich einen ganz anderen, einen viel höheren Stellenwert haben.

Individualismus…. Das ist es wohl, was das Ganze gut zusammenfasst. Ich bin ich, ich bin in meiner Art einzigartig und kann/darf/soll auch gar nicht so ein wie andere – vermeidlich bessere – Menschen! Wenn ich alle anderen so sein lasse wie sie wollen, dann darf auch ich so sein wie ich möchte. Mit allem, was mich eben ausmacht… Leben & leben lassen! ;)

Das waren jetzt sehr viele, sehr intime und vor allem sehr „unsortierte“ Gedanken… Ich habe beim Schreiben bemerkt, wie sehr meine Gedanken „gehüpft“ sind, aber auch, wie sehr ich doch im Tunnel/Hyperfokus war. Und passend zum letzten Absatz, lasse ich den Artikel daher auch so „roh“ wie er aus meinem Kopf hier im Blog gelandet ist, stehen. Ich möchte ja in Zukunft so sein, wie ich halt bin… ;)

Artikelbild von bertvthul auf Pixabay

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